Super Mario und Sonic the Hedgehog – zwei Ikonen in der Welt der Videospiele, die stellvertretend für ihre dahinterstehenden Spieleschmieden Nintendo und SEGA stehen. Aufgrund der einstigen Rivalität beider Unternehmen galten Klempner und Igel als erbitterte Feinde, doch nicht mehr. Spätestens seitdem SEGA aus dem Konsolengeschäft ausgestiegen ist und als Third-Party-Entwickler auch für Nintendo-Plattformen tätig ist, festigte sich eine Freundschaft zwischen den ehemaligen Feinden. Viele Sonic-Anhänger fühlen sich nun auf Nintendo-Konsolen zuhause. SEGA spendierte der Gemeinschaft seit der Nintendo GameCube-Ära so nicht nur zahlreiche Titel mit dem blauen Igel, sondern schuf zusammen mit Konzern aus Kyoto eine eigene sportliche Crossover-Reihe.
Was mit dem ersten „Mario & Sonic“-Ableger auf der Wii-Konsole noch als Sensation gefeiert wurde, erfährt heutzutage nur noch müde Blicke. Die Olympischen Winterspiele 2018 haben Nintendo und SEGA zwar ausgelassen, dafür erscheint mit „Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen: Tokyo 2020“ aber der nunmehr sechste Ableger der Crossover-Serie. Dabei sind die Handheld-Ableger der letzten zwölf Jahre, die sich deutlich von den Heimkonsolenspielen unterscheiden, gar nicht mit einberechnet. Im Hinblick auf die vermeintliche Übersättigung an „Mario & Sonic“ wollen wir euch in diesem Test beantworten, wie gut die Figuren aus dem Mario- und Sonic-Universum bei den Olympischen Spielen in Japan abschneiden.
Aufgewärmt und neu verpackt – die Disziplinen
In ihrem Kern stellen „Mario & Sonic“-Spiele einen Mix aus Sportsimulation und Partyspiel dar. Jeder Serienteil bietet euch eine Auswahl an Olympischen Disziplinen, welche sich in Form von Minispielen präsentieren. Diese fallen mal simpler, mal komplexer aus, wollen aber vor allen Dingen für Spielspaß sorgen, weshalb eine penibel realistische Darstellung der Sportart den eher fantasievollen Spezialtechniken weichen muss. Die Disziplinen werden am besten gemeinsam mit Freunden und Familie erlebt, wie es bei Partyspielen üblich ist. Wollt ihr die Sportarten alleine spielen, besteht der einzige Reiz darin, schwierige Computergegner zu schlagen und persönliche Rekorde aufzustellen. Daran hat sich auch bei „Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen: Tokyo 2020“ nichts geändert.
Alle modernen Disziplinen auf einen Blick. © Nintendo / SEGA
Ein Blick auf die verfügbaren Disziplinen weckt ein vertrautes Bild. Altbekannte Disziplinen wie „100 m“, „Dreisprung“, „Tischtennis“ und „Bogenschießen“ sind wieder mit von der Partie und weisen keine gravierenden Änderungen auf. Dieses Muster zieht sich durch so ziemliche alle sportlichen Minispiele, die in irgendeiner Form schon einmal in der Serie aufgetaucht sind. Der letzte Ableger, den ich aktiv gespielt habe, liegt bereits einige Jahre zurück und doch erwischte mich immer wieder ein erschreckendes Gefühl von Déjà-vu.
Das kann unter anderem daran liegen, dass die Bewegungssteuerung aus den Spielen für Wii und Wii U ihr Comeback feiert. Auf der Nintendo Switch kann selbstverständlich keine Wii-Fernbedienung genutzt werden, weshalb umstrittene Steuerungsmuster wie Schütteln und Schwingen an die Joy-Con-Controller angepasst wurden. Dabei wird von der HD-Vibration Gebrauch gemacht, welche für ein realistischeres und immersiveres Spielgefühl sorgen soll. Wenn ich beim 100-Meter-Lauf jedoch wie ein Verrückter die Controller schüttele, fühle ich mich nicht nur unweigerlich an den unpolierten Serienstart aus dem Jahr 2007 zurückerinnert, sondern nehme auch nicht viel von der HD-Vibration wahr. Dass diese auch gute Einsätze findet, beweisen Disziplinen wie „Bogenschießen“ oder „Kanu“, die Nützlichkeit schwankt allerdings enorm.
Wann werden unsere Gebete für ein richtiges „Mario Strikers“ endlich erhört? Halbgare Fußball-Minispiele sind kein Ersatz! © Nintendo / SEGA
Eine gute Nachricht gibt es aber: Die Bewegungssteuerung ist komplett optional. Wer nicht gerade die Muse oder Möglichkeit hat, sich mit seinen Joy-Con-Controllern zum Affen zu machen, der kann auf eine traditionelle Knopfsteuerung vertrauen. Das dürfte gerade diejenigen freuen, die vorhaben, das Spiel häufig im Handheld-Modus der Nintendo Switch zu spielen. Das dürfte aber nicht der einzige Grund sein, weshalb ihr lieber mit Knöpfen spielen solltet. In manchen Disziplinen gestaltet sich die Bewegungssteuerung nämlich so ungenau oder unzugänglich, dass ihr um die Knopfsteuerung nicht umhinkommt, wenn ihr eine gute Leistung erbringen wollt.
Es ist äußerst enttäuschend, dass Sportarten wie „Boxen“ und „Tischtennis“ schon in Wii Sports Resort und Wii Sports Club besser umgesetzt wurden, als es in diesem Nintendo Switch-Titel der Fall ist. Hier steht die Minispiel-Natur der Disziplin im Weg, um zu einem soliden Spielerlebnis aufzusteigen. Eine 1:1-Steuerung wäre ein Muss gewesen, um diese Disziplin im neuesten Ableger mächtig aufzuwerten und zu etwas Besonderem zu machen. In anderen Disziplinen fühlt sich die Bewegungssteuerung wiederum aufgezwungen und unnatürlich an, etwa beim Lenken in den neuen Disziplinen „Skateboard“ und „Surfen“, oder sorgt aufgrund von Kontrollverlust für Frust, wie es beim neuen „Sportklettern“ und beim altbekannten „Bodenturnen“ zu beobachten ist.
Wem Ästhetik wichtig ist, der wird sich zumindest über neue Outfits freuen können. Den fiktiven Athleten wurde passende Bekleidung beschert. Mario tritt nun nicht mehr in seinen Overalls an, sondern rennt und springt mit kurzer Hose und luftigem Shirt. Für Disziplinen, bei denen es ins Wasser geht, wird sogar komplett auf ein Oberteil verzichtet. Den Damen wird dann natürlich ein schicker Badeanzug verliehen.
Vier neue Disziplinen
Neue Disziplinen? Ja, ihr lest ganz recht. Mit den Olympischen Spielen in Tokyo nehmen Mario und Sonic erstmals an vier neuen Disziplinen teil. Bei diesen handelt es sich um „Skateboard“, „Surfen“, „Karate“ und „Sportklettern“. Diese fügen sich natürlich ins bisher bekannte Gameplay der Serie ein und kommen mit keinen großartigen Überraschungen daher.
Donkey Kong macht sich beim „Karate“ zum Affen. © Nintendo / SEGA
„Skateboard“ und „Surfen“ erlauben euch größere Freiheit in der Bewegung eurer Figur in einem festgelegten Bereich. Hier kommt es auf euer Geschick an. Schafft ihr in vorgegebener Zeit beeindruckende Tricks, könnte euer Punktestand für die Goldmedaille reichen. Mangels Abwechslung werdet ihr euch aber bald schon vom Skate- und Surfboard verabschieden wollen.
„Karate“ beschreibe ich gerne als kleines Beat 'em up, das vom Spielgefühl an die „Fechten“-Disziplin erinnert. Die Position eurer Figur und eine ausgeklügelte Angriffsstrategie sind der Schlüssel zum Erfolg. Leider wird Button Mashing hier nicht wirklich bestraft, weshalb „Karate“ schnell im chaotischen, stumpfsinnigen Durcheinander endet.
Als letzte neue Disziplin beweist „Sportklettern“ Mut zu neuen Ideen. Die steile Kletterwand erklimmt eure Figur durch den Einsatz gezielter Sprünge zum richtigen Augenblick. Die Bewegungssteuerung gestaltet sich hierbei besonders knifflig, weshalb ich euch die Knopfsteuerung nahelegen würde. Mit dieser haben wir es mit einem äußerst spaßigen Geschicklichkeitsspielchen zu tun, was dank vieler Kletteroptionen, verschiedenen Aktionen sowie einer zufriedenstellenden Spezialtechnik rundum gelungen ist. Ohne Frage eine der besten Disziplinen des Spiels.
„Karate (Traum)“ spielt im Pilz-Königreich von „Super Mario Odyssey“. Der Remix von „Peachs Schloss“ klingt gemäß der Action etwas peppiger. © Nintendo / SEGA
Im Vorgänger „Rio 2016“ wurde gänzlich auf die Traumdisziplinen verzichtet, welche von vielen als Alleinstellungsmerkmal der Serie betrachtet werden. In „Tokyo 2020“ kehren Traumdisziplinen zurück, allerdings in überschaubarer Anzahl und wenig ambitioniert. Wo früher eine brennende Leidenschaft für die Welten und Figuren beider Serien zu spüren war, fühle ich nun nur noch Lustlosigkeit. Das Entwicklerteam scheint kreativ erschöpft, müde von seinem eigenen Konzept. Das ist eine regelrechte Schande für ein Spiel, welches sich Crossover nennt, aber abseits der Figuren nahezu nichts miteinander vermischt.
„Rennen (Traum)“ ist ein misslungener Hybrid aus „Mario Kart“ und „Sonic Riders“. Die Figuren sausen über eine an „Sonic Forces“ angelehnte Strecke und versuchen, ihre Mitstreiter zu überholen. Dabei werden euch Beschleunigungsstreifen und Items behilflich sein, die Gegenstände beider Serien nutzen, sich aber nichts Neues trauen. Schlussendlich habt ihr es also mit einer umfangsarmen und deutlich schlechteren Version der zuvor genannten Racing-Spiele zu tun. Warum würde man das spielen wollen?
Ähnlich geht es bei „Karate (Traum)“ zu. Hier ist es eure Aufgabe, eure Kontrahenten zu schlagen und zu treten, um so Fläche in eure Farbe zu färben. Das Spielkonzept könnte direkt aus einem „Mario Party“-Ableger stammen. Im Vergleich zu den zahlreichen Minispielen eines jeden „Mario Party“-Spiels sieht „Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen: Tokyo 2020“ als Minispiel-Sammlung allerdings ziemlich alt aus. Bloß 24 moderne Disziplinen werden geboten und „Karate (Traum)“ ist eine von ihnen. Angesichts dieser Umstände würde ich mir definitiv mehr Umfang und Tiefgang wünschen, als bisher geboten wird.
Lauft kreuz und quer durch eine japanische Tempelanlage, um möglichst viele Ziele abzuschießen. © Nintendo / SEGA
Ein wenig besser abschneiden kann „Sportschießen (Traum)“, welches dank eines eigenständigen Spielprinzips für Abwechslung unter den Disziplinen sorgt. Die Karte, auf der ihr euch bewegt, ist mit einigen Geheimnissen gefüllt, sodass auch ein mehrmaliges Spielen nicht so schnell langweilig wird. Außerdem motivieren Spezialschüsse und ein abschließender Bossgegner, einen möglichst hohen Punktestand zu erzielen. Auch die Sabotage eurer Rivalen ist witzig und lädt zu Streitigkeiten ein, anstatt dass eure Spielpartner aufgrund des immer gleichen Gameplays vor dem Bildschirm eindösen.
Zusammenfassend lassen sich für die Disziplinen, welche zweifellos das Aushängeschild der Spielereihe symbolisieren, zwei Schlüsse ziehen. Erstens: Nintendo und SEGA spielen es zu sicher. Immer wieder die gleichen Disziplinen aufzuwärmen, ohne diese durch neue Ideen aufzuwerten, kann nicht begeistern. Es ist erschreckend, dass sich nach all den Jahren spielerisch so wenig getan hat und auch der Umfang scheinbar abnimmt, anstatt zuzunehmen. Zweitens: Nintendo und SEGA haben ihre Leidenschaft für dieses Projekt verloren. Obwohl man es Crossover nennt, ist von einem Crossover nicht mehr viel zu sehen. Mario, Sonic und Co. reisen gemeinsam nach Japan, aber wo haben sie ihre Persönlichkeit gelassen? Die Welten, Objekte und Geschichten gehören genauso zu einem Spieluniversum wie ihre Figuren. Ohne ihre langjährige Geschichte sind die Charaktere in „Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen: Tokyo 2020“ nichts als austauschbare Puppen. Persönlich frustriert mich der Mangel an Remixes von Mario- und Sonic-Musikstücken – die waren in vorangegangenen Ablegern nämlich immer erstklassig!
Tokyo im Glanz von Olympia
Glücklicherweise besteht „Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen: Tokyo 2020“ nicht nur aus den Disziplinen, die wir gerade auf Herz und Nieren geprüft haben, sondern bietet euch auch einen Storymodus. Kampagnen dieser Art sind tatsächlich gar nichts Neues für die „Mario & Sonic“-Spiele und tauchten bereits in manchen der Vorgängertiteln auf. Im aktuellen Ableger für die Nintendo Switch haben wir es aber wohl mit der bislang gelungensten Umsetzung zu tun.
Silver gewinnt in „110 m Hürden“ gegen Toadette. Der Pilzkopf ist das erste Mal in der Serie spielbar. © Nintendo / SEGA
Ihr findet euch im Olympiastadion wieder, wo Mario und Sonic von einem unangekündigten Geschenk erfahren. Ohne Frage haben die beiden Helden viele Fans, so sind sie doch nebst ihrer Tätigkeit als Weltenretter auch begnadete Athleten. Als sich das Geschenk jedoch als Retro-Spielekonsole entpuppt, sind der Schnurrbartträger und der Igel verwundert. Was hat es damit auf sich? Nach näherer Inspektion lässt sich das Gerät einschalten, doch ehe sie sich versahen, waren Mario, Sonic und Co. auch schon von der Konsole eingesaugt worden. Das Spiel, in dem sie gelandet sind, simuliert die Olympischen Spiele in Tokyo aus dem Jahr 1964. Ab hier verläuft die Geschichte parallel: Während die Zurückgebliebenen im Tokyo von 2020 versuchen, ihre Freunde aus der Retrokonsole zu retten, stellen Mario und Sonic eigenhändig Nachforschungen an, wie sie aus der virtuellen Welt des Tokyos von 1964 flüchten können.
Das Gameplay des Storymodus bietet Züge aus Adventure-Spielen. Sowohl im Tokyo von 2020 als auch in der japanischen Hauptstadt von 1964 erkundet ihr beliebte Touristenattraktionen und die zahlreichen Kampfstätten, an denen die Olympischen Spiele ausgetragen werden. Über eine liebevoll gestaltete Karte von Tokyo wandert ihr von Punkt zu Punkt und erreicht so die verschiedenen Orte. Sobald ihr einen Ort betreten habt, steht dieser innerhalb seiner Grenzen zur Erkundung offen. Erkunden bedeutet, mit NPCs wie herumstehenden Toads oder Chaos zu sprechen, Informationen zu sammeln und schlicht die schönen Umgebungen zu bestaunen. Das Tokyo von 2020 sieht immerhin wirklich schick aus und lässt davon träumen, ein vollumfängliches Action-Adventure in diesem Stil spielen zu können. Die möglichen Aktivitäten innerhalb der Erkundungssektionen lassen nämlich zu wünschen übrig.
Meinst du wirklich, Dr. Eggman? © Nintendo / SEGA
Wenn ihr nicht gerade dabei seid, Passanten anzuquatschen, dann seid ihr womöglich damit beschäftigt, der Story zu folgen, was viele Duelle mit anderen Charakteren bedeutet. Genau wie sich in der Welt von Professor Layton alles mit Rätseln lösen lässt, ist die Teilnahme an Olympischen Disziplinen das Allzweckmittel für Probleme in „Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen: Tokyo 2020“. Das hilft nicht gerade dabei, die Geschichte oder Welt glaubhaft zu machen. Drückt ihr ein Auge zu, dann lässt sich immerhin positiv vermerken, dass die Handlung den Spaß an Sport verdeutlichen möchte, was ihr auch mehr oder weniger gelingt. Die Atmosphäre ist häufig fröhlich, sonnig, munter. Ein paar dramatische Szenen dienen als spezielle Würze, aber wer hier eine packende Geschichte erwartet, ist an der falschen Adresse.
Obwohl die Disziplinen aus „Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen: Tokyo 2020“ isoliert betrachtet mit einigen Problemen zu kämpfen haben, eignen sie sich hervorragend als einmalige Storyevents innerhalb des Handlungsverlaufs. Nintendo und SEGA haben ein gutes Pacing zwischen Erkundung und Olympia getroffen, wodurch ihr euch von keiner der beiden Phasen ausgebrannt fühlen werdet. Auf diese Art in jede Disziplin reinzuschnuppern ist gut gelungen und überaus lohnenswert: Auf eurem Weg schaltet ihr neue Charaktere frei und erfahrt zahlreiche Hintergrunddetails zur japanischen Kultur, zur Stadt Tokyo und zu den Olympischen Spielen im Allgemeinen.
In diesem Minispiel müsst ihr gegen die Zeit auf der sogenannten „Alle-Gehen-Kreuzung“ im Herzen von Shibuya einen bestimmten Toad ausfindig machen. Wer fühlt sich auch an das „Wii Play“-Minispiel erinnert? © Nintendo / SEGA
Im Tokyo von 1964 werdet ihr an zehn Retro-Disziplinen teilnehmen. Diese unterscheiden sich teilweise sogar von den Disziplinen heutzutage, sodass ihr euch auf die ein oder andere Überraschung einstellen könnt. Die Retro-Disziplinen werden ausschließlich mit Knöpfen gesteuert und sind ein gelungener Bonus für Nostalgiker. Wenn Mario vom Sprungturm abspringt oder Sonic zum Sprint ansetzt, werden sie dabei von einem (deutschen) Kommentator begleitet. Die Stimme klingt dabei so authentisch, dass ich euch nicht sagen kann, ob diese bearbeitet wurde, oder ob es sich um Originalaufnahmen aus Übertragungen der Olympischen Spiele von 1964 handelt.
Um über manche Storyereignisse nicht bloß zu lesen, sondern sie selbst zu erleben, wurden sich außerdem spezielle Minispiele ausgedacht, die keine Olympischen Disziplinen darstellen. Stattdessen werden Schlüsselpunkte in der Geschichte spielerisch umgesetzt. Wenn also Dr. Eggman mit dem weltberühmten Shinkansen davonfährt, nimmt der schnellste Igel der Welt zu Fuß die Verfolgung auf und muss Hindernissen ausweichen. Im Spiel präsentiert sich diese Verfolgungsjagd als charmantes 2D-Minispiel mit Retro-Optik. Zu einer anderen Zeit entschließt sich Mario, ein Museum zu infiltrieren, welches von Bowsers Schergen bewacht wird. Hierbei wird eure Schleichfähigkeit auf die Probe gestellt. Ehrlich: Warum nicht gleich so? Die Kreativität, die damit zur Schau gestellt wird, ist genau das, was bei den seit Jahren angestaubten Disziplinen fehlt. Diese Minispiele konnten mir wohl mehr Spaß bereiten als ein Großteil der Disziplinen – als ein Großteil des ursprünglichen Verkaufsarguments.
Modi-Armut und Wiederspielwert
Mein erster Blick auf das Hauptmenü von „Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen: Tokyo 2020“ fiel positiv aus. „Oh, so aufgeräumt“, dachte ich mir. Kurz danach merkte ich, dass sich gar nicht so viel unter der Haube befindet. Neben den Disziplinen und dem Storymodus findet sich im Spiel – böse gesagt – nichts. Das wenige, was verbleibt, möchte aber kurz angerissen werden.
Die Charakterauswahl verrät nun direkt den Vorteil eures gewählten Athleten. © Nintendo / SEGA
Das Online-Spiel erlaubt es euch, alle Disziplinen von Tokyo 2020 mit Freunden und Fremden online zu spielen. Vorherige Teile boten bereits Online-Ranglisten, nun kann man tatsächlich gemeinsam spielen, ohne auf derselben Couch sitzen zu müssen. Dass es die Möglichkeit gibt, ist äußerst lobenswert und in Zeiten, in denen Nintendo es immer noch nicht geschafft hat, eine klassische Mario Party-Runde online anzubieten, umso erstaunlicher. Leider eignen sich die Disziplinen aufgrund der zuvor genannten Gründe bloß kaum zum häufigen oder intensiven Spielen, weshalb der Modus wohl nicht gut besucht sein wird. Schade!
Schließlich gibt es noch einen Bereich für all eure Rekorde, Statistiken und erlangten Boni aus dem Storymodus. Hier könnt ihr übrigens die so gut gelungenen Minispiele nachspielen oder sogar weiterspielen. Manche von ihnen bieten mehr als nur eine Herausforderung. Damit wären wir auch schon beim Thema Wiederspielwert angelangt. Dieser ist nämlich sozusagen nicht existent. Sobald ihr den Storymodus und seine Minispiele durchgespielt habt und alle Disziplinen eine Handvoll an Malen gespielt habt, gibt es keinen Grund mehr, das Spiel anzuwerfen. Anders als in so ziemlich jedem Teil gibt es keine Kostüme, Sticker oder sonstige Sammelgegenstände. Ihr erhaltet keine In-Spiel-Währung für das Absolvieren von Disziplinen, könnt euch also in keinem In-Spiel-Shop etwas kaufen. Es ist wirklich traurig, wie dünn an Inhalt die Nebenbeschäftigungen in den „Mario & Sonic“-Spielen geworden sind.